Max Beckmann Abfahrt (Departure), 1932-33 Triptychon

Abfahrt, 1932 in Frankfurt begonnen, 1935 in Berlin beendet und später Departure genannt, eröffnet die Reihe der Triptychen und zeigt unter ihnen den straffsten Aufbau. Beckmanns eigene Erläuterungen zur Mitteltafel führen kaum über die Betrachtung hinaus, sind jedoch gefiltert vom Verständnis der Zeugen, die sie überliefert haben:

König und Königin, Mann und Frau, werden zu einem anderen Ufer gebracht von einem Fährmann, den sie nicht kennen, er trägt eine Maske, er ist eine mysteriöse Gestalt, die uns zu einem mysteriösen Land bringt…Der König und die Königin haben sich selbst von den Qualen des Daseins befreit sie haben sie überwunden. Die Königin trägt den Schatz – die Freiheit als Kind auf ihrem Schoß. Die Freiheit ist das worauf es ankommt – sie ist die Abfahrt, der neue Beginn.

Man verstehe Beckmanns Begriff der Freiheit nicht im platt politischen Sinne, sondern vor allem als Freiheit vor den Qualen des Daseins, deren schlimmste Steigerungen die Seitenflügel darstellen.

Obwohl Meeresstille und glückliche Fahrt den Aufbruch begünstigen, wird von den fünf Passagieren, die man im Boot sehen kann, vielleicht nur das Kind die Ankunft erleben. Es ist eine Lebensfahrt, ja eine Reise, die länger als ein Menschenleben, die das Leben der ganzen Menschheit dauern kann. Der Knabe sieht in Richtung des Malers, dessen Selbstporträt diskret, doch zentral hinter der Frau erscheint, die das Kind hält.

Der weise König ist ein Fürst, der außer Landes geht. Er lässt das Land ohne Legitimität. Das war nicht nur das politische Schicksal des deutschen Künstlers in den dreißiger Jahren, es ist auch das Los des musischen Menschen im zwanzigsten Jahrhundert. Allein eine musische Macht kann die Existenz rechtfertigen.

Der Name Departure, den das Triptychon in Amerika erhielt, klingt an den Begriff der Deportation an. Die Deportation ist auch eine Abfahrt; sie geht allerdings in eine der Hoffnung und Zukunft entgegengesetzte Richtung.

In der Folter in Abfahrt setzt Beckmann die Bilder der Nacht und der Hölle fort, so wie die 1919 begangenen Verbrechen jetzt, 1933, in direkter Linie fortgesetzt wurden. Dem fahlen gefesselten Menschen an der Säule sind die Hände abgeschlagen, die bei Beckmann oft eine eigene Stimme haben. Der Mensch soll seines Menschseins beraubt werden.